Merle boomt – und zugleich das Risiko unbeabsichtigter Merle x Merle-Verpaarungen, die in der Geburt schwer beeinträchtigter Welpen resultieren können.
Die meisten Züchter und Hündinnenbesitzer wissen mittlerweile, dass man „sichtbares“ Merle nicht mit Merle verpaaren darf. Viel weniger bekannt ist jedoch, dass die Merle-Ausprägung recht komplex ist, und dass es auch viele Hunde gibt, die zwar nicht „typisch“ nach Merle aussehen, aber dennoch Merle sind. Um das Risiko einer Verpaarung in Bezug auf Merle einschätzen zu können, reicht es nicht, das Aussehen des Hundes zu bewerten. Gentests sind unerlässlich, um zu erkennen, ob und welche Merle-Allele ein Hund hat. Um dies zu demonstrieren, zeige ich hier ein paar Beispiele von Hunden mit Merle-Genotypen, die optisch nicht oder kaum als Merle zu erkennen sind.
Eine schematische Übersicht über solche „untypischen“ Merle-Typen können Sie auch hier sehen.
Fazit: Es ist unerlässlich, sich vor der Zucht intensiv mit der Merle-Genetik auseinanderzusetzen, um tierschutzwidrige Verpaarungen mit der größtmöglichen Sicherheit zu vermeiden. Denn auch hier gilt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.
Verpaarungen von Merle x Merle, die zur Geburt von Welpen mit deformierten Sinnesorganen führen, stellen einen Verstoß gegen §11b Tierschutzgesetz dar.
Diese beiden Hunde (Beauceron der Grundfarbe Black and tan mit Genotyp M/m und Working Australian Shepherd der Grundfarbe Black and tan mit Braunfaktor und Genotyp M/m) sollte jeder als „klassisches Merle“ erkennen. Doch wie sieht es mit anderen Genotypen und Phänotypen aus?
Klassisches Merle prägt sich im heterozygoten Genotyp (also M/m) nur auf Eumelanin (schwarzes, leberbraunes, „blaues“ oder „lilac“ Pigment) aus, nicht auf Phäomelanin (rotes, gelbes oder cremefarbenes Pigment). Bei der Grundfarbe „Sable“ handelt es sich um dominantes Gelb mit mehr oder weniger ausgeprägten dunklen Haarspitzen. Dieser Border Collie hat den Genotyp M/m (also klassisches Merle), prägt aber auf seinem überwiegend durch Phäomelanin bestimmten Fell keine auf den ersten Blick sichtbare Merle-Zeichnung aus (Man bezeichnet solche Hunde auch als „Hidden Merle“ oder „Phantom Merle“. Eine Verpaarung mit einem anderen Hund des Genotyps M/m könnte zu behinderten Welpen führen.
Diese Bergamasker haben die Grundfarbe Schwarz und zusätzlich eine progressive Ergrauung, Diese führt dazu, dass nach und nach weniger Pigment in die Haare eingelagert wird und der Farbeindruck dadurch von Schwarz zu Grau aufgehellt wird. Der rechte Hund hat zusätzlich den Genotyp M/(Mc+)/m, ist also ein so genannter Merle-Mosaik. Das bedeutet, dass er in manchen Zellen den Genotyp M/m, in anderen Zellen den Genotyp Mc+/m hat. Welche dieser Merle-Varianten weitervererbt werden, kann man nicht vorhersagen.
In diesem Fall prägt der Hund zwar eine Merle-Zeichnung aus, durch die progressive Ergrauung ist sie aber schlechter zu erkennen. Hätte dieser Hund die bei vielen Bergamaskern typische Zottenbehaarung, so würde die optische Identifizierung der Merle-Zeichnung noch schwieriger.
Dieser Australian Shepherd hat den Genotyp Ma+/m. In diesem Fall handelt es sich um so genanntes „atypisches Merle“. Das bedeutet, dass die Länge dieser Merle-Variante (die sogenannte „Insertion“, die aus Basenpaaren besteht) etwas kürzer ist als bei klassischem Merle (M). Diese Verkürzung führt dazu, dass sich das Merle-Gen im mischerbigen Genotyp nicht so markant ausprägen kann. Eine Merle-Zeichnung ist (auch aufgrund des Haartyps) nicht sicher zu identifizieren. Dennoch stellt diese Variante bei der Verpaarung mit beispielsweise klassischem Merle (aber auch mit einem anderen Hund, der den Genotyp Ma+/m hat) ein erhöhtes Risiko dar.
Diesem Australian Shepherd ist auf den ersten Blick überhaupt nicht anzusehen, dass er Merle ist. Es handelt sich hier um einen so genannten „Minimal Merle“, bei dem nur ganz kleine Körperbereiche eine Merle-Zeichnung zeigen. Der Genotyp dieses Hundes ist Mh/m – er besitzt also die längste Merle-Insertion, das so genannte „Harlekin-Merle“. Mh kann sich in unterschiedlichen Phänotypen ausprägen, eben als „Minimal Merle“, aber auch mit Merle-Zeichnungen, die relativ große Flecken und zu weiß aufgehellte Bereiche zeigen. Die Verpaarung von Mh mit anderen Merle-Allelen stellt immer ein gewisses Risiko dar, je nach Insertionslänge des Zuchtpartners mit steigendem Risiko.
Derselbe Hund wie auf dem vorletzten Foto, hier ist ein kleiner Merle-Bereich am linken Vorderlauf zu sehen, oberhalb des weißen Abzeichens.
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